Haushalt 2016/17
Stadtkämmerer Jürgen Mumdey hat in der Ratssitzung am 03.11.2015 den Entwurf für den Doppelhaushalt für die Jahre 2016 und 2017 vorgestellt. Die Ratsmitglieder berieten in der Folge sechs Wochen lang den 657 Seiten starken Entwurf; am 15.12.2015 hat der Stadtrat den Haushalt beschlossen. Die Genehmigung der Aufsichtsbehörde wurde am 29.04.2016 erteilt. Im Ergebnisplan beläuft sich das städtische Budget für 2016 auf rund 290 Mio. Euro, für 2017 auf knapp 304 Mio. Euro. Der Hebesatz der Grundsteuer B liegt bei 545 %.
Wichtige Eckpunkte sind:
- Der Doppelhaushalt 2016/2017 sieht für das Jahr 2016 ein Defizit von 18,5 Millionen Euro und für das Haushaltsjahr 2017 ein Defizit von 16,7 Millionen Euro zum jeweiligen Jahresabschluss vor.
Stadtkämmerer Jürgen Mumdey erläuterte dazu in seiner Haushaltsrede vom 3. November: "Für eine Stadt, die mit einem genehmigten 10-Jahres-HSK lebt, sind diese Beträge aber weniger entscheidend. Wichtiger ist, dass unter Zugrundelegung der Orientierungsdaten und der sonstigen Vorgaben des Landes im Jahre 2021 der Haushaltsausgleich gelingt. Deshalb hält sich dieser Entwurf im kommunalaufsichtlich genehmigungsfähigen Rahmen."
Im konkreten Vergleich zwischen dem laufenden Jahr 2015 und dem Jahr 2016 gibt es folgende Veränderungen: Die ordentlichen Erträge steigen um 28,7Millionen Euro von 236,8 Millionen Euro (im Jahr 2015) auf 265,5 Millionen Euro (im Jahr 2016) und die ordentlichen Aufwendungen steigen um 26,4 Millionen Euro von 254,7 Millionen Euro (2015) auf 281,1 Millionen Euro (2016).
- Die Ausgaben im Zusammenhang mit der Zuwanderung von schutzsuchenden Menschen haben sich stark erhöht. Dazu erläuterte Jürgen Mumdey: Vergleicht man die Jahre 2015 und 2016, fällt eine Abweichung sofort ins Auge: die Aufwendungen für Flüchtlinge verfünffachen sich nahezu, nämlich von 5,4 Millionen Euro auf 26,7 Millionen Euro. Diese Zahl ist mit einer großen Unge-wissheit verbunden, da der Aufwand für die Flüchtlinge entscheidend davon abhängt, wie viele Flüchtlinge der Stadt Bergisch Gladbach zugewiesen werden, und diese Zahl ist eben nicht exakt rechenbar. Den Ausgaben von 26,7 Millionen Euro stehen daher im Haushalt Erträge von 26,7 Millionen Eurogegenüber. In diesen Zahlen verbirgt sich zweifellos das größte Risiko im Haushalt, da
- nicht vorhersehbar ist, wie viele Flüchtlinge der Stadt Bergisch Gladbach noch zugewiesen werden,
- fraglich ist, ob Bund und Land wirklich alle Kosten übernehmen und
- die noch entstehenden Folgekosten auch nicht im Ansatz seriös rechenbar sind; hierzu zähle ich die Kosten für: KITA-Plätze, Integrationskurse und Ähnliches
- Eine weitere wichtige Ausgaben-Position sind die Personalkosten der Verwaltung in Höhe von 59,5 Millionen Euro.
- Das Thema Steuern stellte Jürgen Mumdey wie folgt dar:
Die Steuern entwickeln sich für die Stadt Bergisch Gladbach günstig. Die wichtigste Einnahme, der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, steigt um 3,4 Millionen Euro von 58,3 Millionen Euro auf 61,7 Millionen Euro. Auch bei der Gewerbesteuer kann die Stadt Bergisch Gladbach nach vorsichtiger Prognose auf der Grundlage der Anordnungen aus dem Jahr 2015 von einer Steigerung um 1,5 Millionen Euro auf 36,5 Millionen Euro ausgehen.
Darüber hinaus schlägt die Verwaltung eine Erhöhung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf 545 Punkte vor, was zu einer Mehreinnahme von 2,375 Millionen Euro gegenüber 2015 führt. Eine solche Erhöhung ist nach Auffassung von Bürgermeister und Kämmerer erforderlich, um einen rechtmäßigen Entwurf des Haushalts vorlegen zu können.
- Zur Kreisumlage erklärte der Stadtkämmerer: Der Kreis beabsichtigt, den Umlagesatz bei 40,50 % zu belassen. Zum Zeitpunkt der Drucklegung des Haushaltsplanentwurfs ging die Verwaltung davon aus, dass angesichts günstigerer Umlagegrundlagen die Einnahme für den Kreis von 130,8 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 134,6 Millionen Euro in 2016 steigt. Für die Stadt Bergisch Gladbach bedeutet dies eine Mehrbelastung von 1,56 Millionen Euro. Nachdem uns dann in der letzten Woche die Nachricht erreichte, dass die Schlüsselzuweisungen um 1,765 Mio. € steigen, steigt die Kreisumlage nochmals um etwa 715.000 Euro. Nach Auffassung aller Kämmerer der kreiszugehörigen Kommunen ist die Reduzierung der Kreisumlage um mindestens 1,5-Prozentpunkte auf 39 Prozent angezeigt, denn
- trotz des Erlasses des Ministeriums vom 10.12.2014 hat der Kreis die Mehreinnahme von 1,5 Millionen Euro aus der KdU-Entlastung durch den Bund bisher nicht zur Reduzierung des Kreisumlagesatzes verwendet, was die Reduzierung der Kreisumlage um 0,5 Prozentpunkte begründen würde und
- weitere 1,0 Punkte sind dadurch berechtigt, dass der Kreis bei seiner Finanzplanung jähr-lich nur eine minimale Steigerung der Ertragsseite um ein Prozent vorsieht, obwohl die Orientierungsdaten Steigerungswerte von vier bis fünf Prozent prognostizieren.
In den beiden Haushaltsreden waren sich Bürgermeister und Kämmerer einig, dass vor allem die Entwicklung des Flüchtlingszustroms große Unbekannte für das Zahlenwerk mit sich bringen. Denn niemand kann zurzeit vorhersagen, wieviele Menschen in den nächsten Wochen und Monaten nach Bergisch Gladbach kommen werden. Der Haushaltsentwurf sieht 20 neue Verwaltungsstellen vor, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterbringung und Betreuung der Menschen stehen. Auch Investitionsausgaben von über zehn Millionen Euro sind eingeplant. Hier geht es insbesondere um die schnelle Schaffung von Wohnraum.
Weitere Themen der Reden waren die Diskussion um die Rückführung der Eigenbetriebe, die Auswirkungen des Ankaufs der Anteile am Energieversorger BELKAW sowie das Haushaltssicherungskonzept.
Zur Finanzierung des Doppelhaushalts soll - wie schon erwähnt - als neue Einnahmemöglichkeit die Grundsteuer B um 55 Prozentpunkte von 490 auf dann 545 Punkte erhöht werden.
Bürgermeister Lutz Urbach stellte dar, dass diese Belastung für die Bürgerschaft vertretbar sei:
In Zahlen bedeutet das jährlich eine Mehreinnahme von rund 2,2 Mio Euro. Selbst nach der Erhöhung liegen wir im Vergleich zu den umliegenden Kommunen als größte Stadt des Rheinisch-Bergischen Kreises nur knapp über dem Durchschnitt. Wesentlich kleinere Kommunen haben einen zum Teil deutlich höheren Hebesatz, so dass die Erhöhung in Anbetracht der Lage akzeptabel und verkraftbar ist.
An die Ratsmitgliedern richtete Bürgermeister Lutz Urbach zum Abschluss seiner Rede folgende Worte:
Meine Damen und Herren, wo stehen wir heute? Die diesjährige Einbringung des Haushalts ist eine besondere, weil wir besonderen Herausforderungen begegnen müssen. Wir haben nicht nur unseren chronischen Mangel an finanzielle Möglichkeiten zu beklagen, sondern auch noch hunderte Menschen auf der Flucht aufzunehmen, zu versorgen und zu integrieren. Wir werden aktuell dazu gezwungen, den Blick über den Tellerrand von Haushaltsnot und HSK zu werfen. Wir bekommen es plötzlich mit der Schattenseite der Globalisierung zu tun. Wir lernen: Globalisierung heißt nicht nur nehmen, sondern auch geben; teilen ist angesagt. Im Angesicht der Kriegs- und Flüchtlingskatastrophe erkennen wir, wie reich wir doch sind. So reich, dass wir teilen können. Und daher müssen wir uns immer wieder fragen, worauf wir verzichten können, worauf wir verzichten wollen. Wie können wir die derzeitige Lage meistern?
„Wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her...!“
Das Lichtlein müssen wir selbst anzünden, für eine bessere, gerechtere Welt. Wir mussten uns im vergangenen Jahr tagtäglich neuen Herausforderungen stellen, die wir selber gelöst haben, deren Lichtlein wir selbst entzündet haben.
Liebe Ratsmitglieder, ich wünsche uns allen gute Beratungen, den richtigen Blick für das Wichtige, zündende Ideen und Haushaltsentscheidungen, die auch weiterhin Licht in die manchmal als schwer und dunkel empfundene Situation unserer Stadt Bergisch Gladbach bringen.