Gewässer
Macht eine Renaturierung der Bäche überhaupt Sinn, wenn viele Strecken verrohrt sind ?
Diese Frage wird uns oft gestellt und sie ist nicht unberechtigt.
Denn:
Ein Bach oder Fluss ist als linienhafter Lebensraum zu betrachten, der über sich selbst (Gewässersohle und Uferbereiche) ökologisch vernetzt ist. Diese Vernetzung zeigt sich z.B. darin, dass viele bachgebundene Organismen stromaufwärts führende Wanderungen unternehmen, sei es, um strömungsbedingte Abdrift zu kompensieren oder aber um quellwärts gelegene Laichplätze aufzusuchen (z.B. Bachforelle).
Die Natur kennt jedoch keine verrohrten Strecken und deshalb machen wandernde Organismen an solchen Barrieren halt. Ein Fließgewässer, dass durch viele Verrohrungsstrecken in seiner Durchgängigkeit unterbrochen ist, ist also sozusagen in viele nur bedingt miteinander vernetzte »Inselbiotope« zerschnitten.
Dennoch macht auch die Renaturierung solcher »Inselstrecken« aus folgenden Gründen Sinn:
1. Für bestimmte Tiergruppen sind auch »Inselabschnitte« wichtige Lebensräume. So z. B. für einige Insektengruppen wie Eintags- oder Köcherfliegen, die während ihrer Jugendzeit an das Wasser gebunden sind.
2. Ausreichend breite Uferstreifen bieten Lebensräume für eine Anzahl von Pflanzen und Tieren und funktionieren als sog. Trittsteinbiotope.
3. Offene Fließstrecken in naturnaher Ausprägung führen zu einem langsameren Wasserabfluss. Ferner können auf offenen Strecken Retentionsflächen aktiviert werden. Beides führt zu einem Wasser- rückhalt und trägt somit zur Minimierung von Hochwassergefahren bei.
4. Die Selbstreinigungskraft eines Fließgewässers funktioniert nur in offenen Abschnitten.
5. Mit jeder Renaturierung besteht die Option für weitere, direkt anschließende Öffnungen. Je länger ein Bachabschnitt wird, desto wirksamer werden die vorher genannten Punkte.
6. Naturnahe Fließgewässer haben – gerade im besiedelten Bereich – einen ästhetischen Aspekt mit Erholungsfunktion.