Gesprochen wurde und wird immer noch sehr viel, passiert ist leider relativ wenig, bis zu der Tatsache, dass dann letztendlich alle Kollegen oder fast alle losfahren wollten nach Berlin und das auch taten! Die meisten sind leider bei dem Umzug nicht zum Zuge gekommen, weil es so viele waren. Es war eine beeindruckende Veranstaltung in Berlin, wo sich die Schausteller präsentiert haben, wirklich toll präsentiert haben und ich muss sagen, hier ein besonderes Lob an den DSB, ganz besonders an Albert Ritter, der hat sich toll gekümmert, die Menschen dort in der Führung haben sich toll gekümmert. Allein es hat nichts genützt, glaube ich heute.
Wir haben heute den 27. Juli und ich höre nichts, keine Ergebnisse, die den Schaustellern wirklich helfen. Stattdessen gibt es überall Pop Up Kirmessen und jetzt kommen wir eigentlich zu dem Thema, wo ich sage, im Moment liebe Schaustellerinnen und Schausteller schafft Ihr Euch leider selber ab. Ja, es gibt in Düsseldorf in der Messe, in Dortmund, auf dem Anna Kirmes Platz, in Eschweiler, auf vielen, vielen anderen Plätzen, in Bielefeld, ich weiß nicht wo noch, in Bonn, in Euskirchen parkähnliche Kirmessen. Überall versuchen Schausteller etwas aufzuziehen und versuchen irgendwelche Kirmesgelände zu erstellen, wo ich sage, das hilft eigentlich keinem. Warum? Diese Gelände sind eingezäunt, man muss sich vorher anmelden, man muss sich im Internet quasi Eintrittskarten besorgen, man kann dahin gehen, man muss es nicht, man tut es auch nicht. Die Ergebnisse sind eindeutig, diese Kirmesveranstaltungen, die ja eigentlich keine Kirmesveranstaltungen sind, sind eine Notlösung, da bin ich mit einverstanden, genauso wie viele kleinere Geschäfte, Mandelbuden, Crêpe-Buden in den Innenstädten irgendwo aufgestellt wurden, damit diese Menschen irgendwie überleben können. Ja, das kann ich sehr, sehr gut nachvollziehen, aber das hilft eigentlich nicht und ist nicht zielführend.
Zielführend ist, dass alle überleben in Form eines Rettungsschirms und das alle gemeinsam diese Tradition der Kirmes und dieses Kulturguts Volksfest wieder genau so aufnehmen können, wie es vorher war, vielleicht mit einigen Abstrichen. Ja, da habe ich nichts dagegen. Vielleicht da, wo große Festzelte zum Saufen animieren, ok, die streichen wir weg. Aber noch einmal, für mich ist das sowieso keine Kirmes. Und das ist für mich eigentlich das Entscheidende. Das hätte passieren müssen. Eine Zusage der Politiker von ganz oben und die Sicherheit für die Schausteller. Ja, Ihr müsst jetzt ein Jahr oder auch zwei aussetzen, aber wir werden Euch das Geld geben, damit Ihr nicht verhungert, dass Ihr überleben könnt und dann starten wir neu, falls wir dann irgendwie dazu in der Lage sind, das machen zu können.
Und wenn ich dann sehe, dass in den Innenstädten die Fußgängerzonen voll von Menschen sind, dass man im Flugzeug direkt nebeneinandersitzen kann, dass man auch jetzt schon wieder in Kinos und Theatern und in geschlossenen Räumen mit mehr Menschen sitzen und Konzerte hören kann, dann muss ich sagen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr. Draußen soll es doch angeblich nicht so gefährlich sein. Draußen? Kirmes ist wo, draußen. Ja, und gerne auch mit Mundschutz. Da hat, glaube ich keiner was dagegen. Man zieht sich die Maske an und kann trotzdem eine Stunde oder zwei über die Kirmes gehen, Karussell fahren und kann den Spaß und die Freude, den die Schausteller in die Städte bringen, genießen. Wie gesagt, ich habe hier nicht alles aufgezählt, wo jetzt wieder etwas möglich ist, aber das ist für mich einfach ein Unding, dass nur die Kirmessen nicht stattfinden dürfen!
Jetzt wieder zu dem Thema, warum passiert denn nichts. Ich weiß es wirklich nicht. Hätte es sein müssen, dass alle Schausteller aufstehen, so wie einige Kollegen sich wirklich erbost geäußert haben, auch im Netz, die gesagt haben, ich fahr da jetzt hin, meine Kinder, die haben nichts mehr zu essen, die Zukunft meiner Kinder ist mir wichtiger, ich werde jetzt randalieren, ich werd` jetzt lautstark, ich werd` jetzt böse. Muss das denn wirklich soweit kommen? Bitte nein! Aber alles andere waren bisher Verhandlungen an einem runden oder eckigen Tisch, keine Ahnung, die nichts bringen. Ich höre jedenfalls nichts davon, dass irgendwelche Hilfsangebote wirklich so sinnvoll rausgekommen sind, dass man davon was hat. Ich höre aber sehr oft, ja es gibt doch jetzt die Pop Up Kirmes. Wenn das dann die Zukunft sein sollte, liebe Schaustellerinnen und Schausteller, das wisst Ihr besser als ich, davon könnt Ihr nicht leben. Davon könnt Ihr keine Zukunft aufrechterhalten. Aber alle Politiker und Entscheidungsträger denken, dass Euch damit geholfen ist, denn es findet ja Kirmes statt!? Genau dieses Denken ist fatal und bringt Euch keinen Schritt weiter.
Und dann möchte ich gern noch etwas zitieren von einem jungen Schausteller, der mir eine WhatsApp geschrieben hat:
„Hallo Burkhard!
Ich habe grade die Post des Schaustellervereins gelesen.
Als erstes finde ich es sehr gut, dass alle Beschicker die für dieses Jahr einen Vertrag haben, auf nächstes Jahr übertragen wird. Das finde ich nicht nur gut, sondern Weltklasse! Und zum Zweiten weiß ich gar nicht genau was ich dazu sagen soll was das Standgeld angeht. Eigentlich bin ich sprachlos und möchte euch von ganzem Herzen danken für euer Engagement und Herzblut das ihr in die Kirmes investiert. Auch ein Riesen Dankeschön an den Bürgermeister und allen die im Krisenstab abgestimmt haben. Es ist eine sehr, sehr schwere Zeit für uns alle, besonders für mich als junger Schausteller. Ich liebe die Kirmes und liebe unser Karussell und mir blutet das Herz, wenn ich die Transporte in der Halle anschaue, denn normalerweise würde das jetzt anders sein. Ihr gebt mir noch eine Perspektive für meine Zukunft. Ich bin Schausteller mit Herz und Seele und möchte es noch lange bleiben. Danke.“
Das war ein wirklicher Hilferuf eines Schaustellerjungen Anfang 20, der mich sehr, sehr tief beeindruckt hat. Und das sollte es eigentlich sein. Darum geht es mir bei diesem Hilferuf nach draußen an alle Politikerinnen und Politiker, aber auch an alle anderen Menschen, die gerne zur Kirmes gehen, die in ihren Familien von Kirmessen erzählen, die sich dort kennengelernt haben, die dort Hochzeiten feiern, die einfach Spaß haben, wenn in ihrer Stadt die Kirmes ist, weil man sich trifft auf ein Schwätzchen, auf eine Zuckerwatte wie gesagt oder auch mal Karussell fährt, die Alten oder die Jungen, die das Karussell fahren gerade erst erlernen. Das ist eigentlich mein Anliegen und das ist mir wichtig und da müssen wir was tun und wir brauchen wirklich alle und jeden und was immer dafür nötig ist, muss halt gemacht werden. Und ich stehe dafür gerne jederzeit zur Verfügung, denn das war mein Leben, das ist mein Leben und das wird mein Leben sein. 40 Jahre sind es jetzt als Jubiläum, bei mir, aber eigentlich, ich werde jetzt 68, sind es 68 Jahre, nämlich von Geburt an.
Ich weiß nicht, ich werde mein Jubiläum alleine feiern mit meiner Frau. Wir werden uns auf den Konrad-Adenauer-Platz in Bergisch Gladbach stellen am Kirmessamstag zu St. Laurentius und werden dastehen, werden eine Träne vergießen, werden uns in den Arm nehmen und werden sagen, es war eine schöne Zeit. Werden innehalten, werden die Glocken läuten hören um 12.00 Uhr, wenn nämlich normalerweise die Eröffnung wäre am Kirmessamstag, den 8.8. und dann kommt die große Hoffnung, dass wir das baldmöglichst wieder erleben dürfen. Dafür würden wir gerne alles tun. Aber wir rufen auch alle in Deutschland auf, in den Verwaltungen, in den Städten, auch in den Vereinen, die solche Veranstaltungen organisieren, alle Veranstalter, bitte lasst das Kulturgut Kirmes nicht kaputt gehen. Das wäre sehr, sehr schade. Wenn es einmal kaputt ist, kommt es nie mehr zurück. Und Kirmes hat schon oft geholfen, selbst in Kriegsjahren, nach den Kriegen. Immer wieder entscheidend: Schausteller bringen Freude in die Stadt. Und so muss und so sollte es auf jeden Fall bleiben und weitergehen.
Was man dafür tun kann, viel darüber reden, aber auch etwas Sinnvolles tun! Vernünftige Menschen können sicher ganz viel dafür tun! Pop Up Kirmessen oder mal ein Riesenrad in einer Stadt ganz alleine oder auch die Kirmesorgel, die vor Altenheimen spielt, das ist eine tolle Sache gewesen, aber das kann nicht unsere Zukunft sein. Das muss einem jeden klar sein und ich glaube einfach, dass viele Menschen, gerade auch in der Politik nicht darüber nachdenken, wie konsequent die ganze Geschichte ist.
Liebe Schausteller, der Anfang wurde schon mit der tollen Aktion in Berlin gemacht, aber hier darf nicht nachgelassen werden, sondern hier muss man weitermachen, damit wirklich auch dem letzten in Bund und insbesondere den jeweiligen Ländern die besondere Brisanz der Situation klar wird. Deshalb fahrt in Eure Landeshauptstädte und zwar so, dass man Euch alle sieht und hört, sprecht mit den jeweiligen Entscheidungsträgern und macht Eure Situation und den drohenden Verlust eines wertvollen Kulturgutes deutlich.
Das wär´s jetzt von meiner Seite. Mir stockt auch ein bisschen der Atem, ich habe jetzt Tränen in den Augen. Wie gesagt, wenn Ihr Hilfe braucht, Ihr habt meine Unterstützung und zwar bundesweit.
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
Bleibt alle gesund und bis hoffentlich bald auf der Kirmes!
Viele Grüße
Burkhardt Unrau